Kommentar: Zahlenluxus
■ Warum die Unparteilichkeit des Rechnungshofes parteilich ist
Der Landesrechnungshof, niemand hätte das je in Zweifel gezogen, kann rechnen. Zahlenkolonnen zu addieren und dann zu gucken, was unterm Strich bleibt, ist eine ebenso undankbare wie unentbehrliche Aufgabe. Das gleiche gilt für die Notwendigkeit, aus diesen Zahlen Folgerungen zu ziehen und sie in praktische Politik umzusetzen. Wie gut nur, daß die amtlichen Rechnungsprüfer dafür nicht zuständig sind.
Die Empfehlungen des neuen Berichts basieren auf der behaupteten Unparteilichkeit wertfreien Zahlenwerks. Und zeugen von eben jener technokratischen Parteilichkeit, die die Gesellschaft mit dem Taschenrechner bewältigen zu können meint. Den unerschütterlichen Glauben an das Sparen zur Heilslehre zu erheben, mag das Recht der Herrn der Zahlen sein; den Rechenschieber als Keule gegen vermeintlichen sozialen und ökologischen Luxus zweckzuentfremden, nicht.
Die städtischen Finanzen zu Lasten von Sozialhilfeempfängern oder Behinderten sanieren zu wollen, ist nicht nur eine Fehlkalkulation. Es ist vor allem ein Argument aus der Mottenkiste derer, die privaten Reichtum als ehrenhaft erarbeitet verkaufen, Armut, Arbeitslosigkeit oder Bedürftigkeit aber als selbst verschuldet diffamieren.
Und wer die höheren Kosten getrennter Müll-Sammlungen als Verschwendung anprangert, sollte lieber zur Müllvermeidung beitragen. Zum Beispiel durch den Verzicht darauf, mit reaktionären Empfehlungen unschuldiges Recycling-Papier vollzuschreiben, das am Ende erneut im Altpapier-Container landet. Sven-Michael Veit
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