Kommentar: Schuldig!
■ Eigene Gesetze der Musikhochschule
„Bis zum Nachweis seiner Schuld wird vermutet, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist“– heißt es in der „Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten“. Die Professoren der Bremer Musikhochschule schert das offenbar nicht. Sie haben ihre eigenen Gesetze. Daß das Landgericht keinen dringenden Tatverdacht im Todesfall Maria Grevesmühl feststellen konnte, interessiert sie nicht. Vasile D. sitzt noch nicht einmal auf der Anklagebank. Auch den Prozeß gegen den geständigen Täter, der die tatsächlichen Hintergründe der Tat erhellen könnte, wollen sie nicht abwarten. Für sie steht das Urteil bereits fest: Vasile D. muß gehen. Er soll bestraft werden – egal ob und was er mit dem Tod der Musikprofessorin zu tun hat. Daß Vasile D. das Opfer einer Verleumdung sein könnte, kommt ihnen nicht in den Sinn. Peinlich, wie dumm Professoren sein können.
Daß sie durch den Tod ihrer Kollegin verletzt sind, ist verständlich. Nichtsdestotrotz müssen sie das Urteil dem Gericht überlassen. Wenn sich herausstellen sollte, daß Vasile D. irgendetwas mit dem Tod von Maria Grevesmühl zu tun hat, werden die Richter über ihn urteilen. Solange hat er das Recht, an der Hochschule zu studieren. Und die Professoren haben die Pflicht, ihn zu unterrichten. Ansonsten inszenieren sie kein Lehrstück für Toleranz, sondern ein Paradebeispiel für Vorverurteilung. Kerstin Schneider
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