■ Kommentar: Museum als Wahlgeschenk?
Der Neubau von Daniel Libeskind für das Jüdische Museum war schon immer ein Objekt unseliger Begierde im Ränkespiel um Eröffnungstermine, Geld und die Darstellung jüdischen Lebens und Sterbens in Berlin. Statt wie einmal herausposaunt, den Neubau zum 50. Jahrestag der Beendigung des Zweiten Weltkriegs aufzumachen, zählen die Sonntagsreden heute nichts mehr. Seit die Haushaltskassen leer sind, spart der Senat am Bau, wo er nur kann. Die Fertigstellung ist jetzt Ende 1997 anvisiert. Wer sich bei großen Museumsprojekten auskennt, weiß, daß Termine bei derartigen Tankern reine Glückssache sind. Es wäre kein Wunder, die Übergabe fände erst im Frühjahr 1998 oder später statt. Und daß seit Jahren um Ausstellungsprogramme (jüdisches Leben versus Holocaust) und die Autonomie des Jüdischen Museums und seines Direktors gestritten wird, gleicht mittlerweile einem schlechten Witz.
Die Pläne, das Haus erst Ende 1999 zu eröffnen, sind ein weiterer Fauxpas im Umgang mit jüdischer Geschichte in der Stadt. Statt sich klar zum Konzept des Direktors Amnon Barzel zu bekennen und die Eröffnung zu forcieren, hat Kultursenator Radunski diesen erst mal per Verordnung entmachtet und damit den Weg freigemacht, die Einweihung nach dem Fahrplan des Berlin Museums zu richten. Dem geht es außer einer anderen Präsentation natürlich darum, Zeit zu gewinnen, um Barzel weichzukochen. Besonders merkwürdig scheint der Termin aber auch deshalb, liegt er doch nur ein paar Wochen vor der nächsten Wahl zum Abgeordnetenhaus. Da will wohl Radunski dem Wahlvolk ein Geschenk machen? Auf wessen Kosten er das tut, ist dann vergessen. Rolf Lautenschläger
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