■ Kommentar: Zahnloser Denkmalschützer
In Zeiten wirtschaftlichen und städtebaulichen Umbruchs zählt Denkmalpflege wenig. Egal, ob in der Gründerzeit, den zwanziger Jahren, dem westlichen Nachkriegs-Berlin oder beim Aufbau der sozialistischen Hauptstadt – von alten Steinen blieb kaum einer auf dem anderen. Auch seit dem Fall der Mauer ist die Stadt nur mehr der Zukunft zugewandt und die Zahl geschleifter Bauten wieder Legion. Die baupolitischen Prioritäten zur Hauptstadtwerdung lauten Abriß, Neubau und Masterplanung, nicht Denkmalschutz oder behutsame Stadterneuerung.
Daß Landeskonservator Jörg Haspel jetzt seinen Hut nehmen und ins beschauliche Oberhessen abwandern will, verwundert nicht, konnte er doch in der derzeitigen „Gemengelage“ nur verlieren. Denn bei der Wahl der Waffen zieht das Denkmalamt seit 1989 den kürzeren. Das zeigte nicht nur das jämmerliche Schauspiel 1995/96, als die Behörde gleich zwischen drei Senatsverwaltungen hin- und hergeschubst wurde, weil keiner sie so recht wollte. Wenig Erfolg verbuchte der Amtsvorsteher Haspel auch in Sachen sozialistischer Städtebau. „Hau weg den Scheiß!“ hat da mehr Konjunktur. Und klopften Investoren an die Tür des Bausenators, wie bei Zollernhof an der Straße Unter den Linden oder im Falle des Kranzler-Ecks, erfuhr das der Denkmalschützer nach Vertragsabschluß.
Jörg Haspel hat sich dagegen wenig bissig zur Wehr gesetzt, sondern ist Konflikten eher aus dem Weg gegangen. Zum Palast der Republik, zum Staatsrat, Lehrter Bahnhof oder zur Mauer an der Bernauer Straße war von ihm nie ein lautes Wort zu hören. Als der historische Kaisersaal auf dem Sony-Gelände verschoben wurde, feierte Haspel dies gar als Sieg der Denkmalpflege. Warum, bleibt sein Geheimnis. Rolf Lautenschläger
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