Kommentar: Welt offen und Tür zu
■ Ausländerbehörde: Warum die Sofortmaßnahmen nichts verbessern
Wie eine Naturkatastrophe scheinen die 20.000 zusätzlich zu bearbeitenden Kinder-Visa über Hamburg hereingebrochen zu sein. Zwar hat Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) höchstselbst dem „Kanther-Erlaß“zugejubelt. Zwar ist in keiner Stadt ein derartiges Chaos entstanden. Doch darf man deshalb der Ausländerbehörde Bösartigkeit unterstellen? Hat sie nicht neulich noch nachhaltig betont, daß Kundenfreundlichkeit nun auch ihren SacharbeiterInnen erklärt werden soll?
Angenommen, man möchte dem Innensenator und seiner Behörde keinen Rassismus unterstellen. Und vorausgesetzt, das grundsätzliche Duzen und gelegentliche Verprügeln der dort um eine Wartenummer kämpfenden MigrantInnen durch das Wachpersonal ist situationsbedingt und dem Grunde nach versehentlich.
Dann kann man eigentlich nur zu einem Schluß kommen: Die unwürdigen Umstände in, um und vor der Ausländerbehörde in der Amsinckstraße sind Resultat einer gigantischen Organisationsunfähigkeit. Alle Verantwortlichen aus Behörden und Politik müßten sofort mit einer Visumspflicht bestraft werden.
Die Feuerwehr soll nun vor Ort den Brand löschen und vorübergehende Anlaufstelle für Kindervisa-Anträge werden. Mit einem ersten Schritt in Richtung Dezentralisierung hat das nichts zu tun. Am Andrang und den unmenschlichen Bedingungen vor der Ausländerbehörde wird sich wenig ändern. Statt um neun Uhr abends wird man erst ab Mitternacht anstehen müssen. Die Botschaft der Freien und Hansestadt Hamburg bleibt: Welt offen und Tür zu.
Silke Mertins
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