■ Kommentar: Hardware gefragt
So kann man sich die Karriere versauen. Seit zwei Jahren wird der ebenso schnieke wie schlaue Wirtschaftsstaatssekretär Wolfgang Branoner als ministrabel gehandelt. Der CDU-Youngster könnte, so wird hartnäckig kolportiert, seinen Chef Elmar Pieroth beerben. Doch Pieroth, Sprößling einer Pfälzer Winzerfamilie, verpanschte seinem vermeintlichen Nachfolger den Freudentrunk: Während Branoner mit den Füßen scharrte, um mit Daten, Zahlen, Fakten den „Berliner Weg in die Informationsgesellschaft“ zu prognostizieren, kramte Pieroth den altvorderen Entdecker des „Unternehmers“, Josef Schumpeter, aus der Mottenkiste. „Wir wollen unternehmerische Initiative anregen“, prostete Pieroth pathetisch. Ja klar doch! Aber wie? Mit welchen Summen, in welchen Segmenten der Multimediabranche? Sollen in Berlin die Endgeräte für das Glasfasernetz hergestellt werden? Will die Metropole die neuen Techniken bei der Verbindung von Telefon und Computer in die schläfrige Unternehmerschaft tragen? Oder soll die Kulturkapitale für die Inhalte stehen, die künftig digital in die PCs, Telefonanlagen und/oder TV-Geräte eingespeist werden? Eine „Landesinitiative“ werde gestartet, so die ominöse Antwort. Doch die besteht, obschon lauthals verkündet, zunächst nur aus fünf Gesprächskreisen. Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Hochschulen sollen sich an Runden Tischen über Berlin als „Stadt des Wissens“ oder „Zentrum des Wandels“ unterhalten. Nun denn. Reden ist wichtig. Nur mit erklärender Kommunikation wird man den technologisch unbewanderten Otto und Ottilie NormalverbraucherIn die Segnungen Multimedias vermitteln können. Aber dazu braucht es viele Multiplikatoren in quicken kleinen Betrieben. Auf der Chefebene ist Pieroths Software nicht kompatibel. Gefragt wäre Branoners Hardware. Die aber läßt Pieroth nicht ans Netz. Christian Füller
Siehe Telegramm Seite 18
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