Kommentar: Asylchance für alle
■ Der Tod des Rumänen ist ein Skandal
In Oldenburg ist ein rumänischer Asylbewerber in der Hunte ertrunken. Für die Behörden gilt der Fall als schlicht erledigt. Nur die Staatsanwaltschaft wartet noch auf weiteres Beweismaterial: Auf Dokumente und Zeugen von einer Flüchtlings-Initiative, die sich sicher ist, daß der Rumäne in den Tod getrieben wurde. Ließe sich dies tatsächlich belegen, wäre die Angelegenheit skandalös.
Doch auch wenn die Initiative keine weiteren Beweise vorlegt, handelt es sich bei dem Fall des Ertrunkenen um einen Skandal. In wilder Panik oder Selbstmordabsicht hätte sich der Rumäne dann in die Fluten der Hunte gestürzt und wäre dabei ums Leben gekommen, heißt es. Das verdeutlicht nichts anders, als daß der Mann völlig verzweifelt war. Eine Abschiebung muß für ihn ein einziger Horror-Trip gewesen sein. Vor diesem Hintergrund wird deutlich: Der Hinweis, jemand komme aus einem sicheren Herkunftsland, ist eine zynische Mauertaktik unseres Staates. Der Einzelfall wird nicht weiter geprüft, Verzweiflungstaten werden als tragische Einzelschicksale abgetan – selbst wenn, wie im vorliegenden Fall, die Identität vermutlich nicht einmal eindeutig geklärt ist.
Die Sichere Herkunfts-Praxis muß wieder abgeschafft werden. Jeder Mensch muß ohne Rücksicht auf Staatsangehörigkeit die Chance erhalten, seine Asylgründe vorzutragen. Denn selbst ein „tragisches Einzelschicksal“ist ein Toter zuviel. Jens Tittmann
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