■ Kommentar: Die Stille der Leere
Eines muß man der Großen Koalition lassen. Sie hat es geschafft, die Stadt sprachlos zu machen. Das liegt nicht an einer effektiven Nachrichtensperre, vielmehr bleibt den Berlinern die Spucke weg ob des Gehackes um den Haushalt. Dabei wollte man clever sein und die Stadt nicht wieder durch eine tagelange Zankklausur nerven. Also gab es wochenlang Ressortgespräche in mehreren Runden – alles unter der Fuchtel der gestrengen Rechenlehrerin Fugmann-Heesing. Weil nichts half, mußte der Koalitionsausschuß als höchstes Schlichtungsgremium ran. Ergebnis: keines. Nun wird weiter gebastelt in den Ressorts. Politik hat man sich eigentlich immer anders vorgestellt.
Tatsächlich ist die Lage jenseits des Spotts verfahren wie selten zuvor. Denn es geht nicht um ein paar Millionen hier und dort, um das Sparsoll zu erfüllen – es stehen sich vielmehr immer noch unversöhnlich zwei Spar- und Umverteilungskonzeptionen gegenüber. Die SPD ist, im beharrlichen Bemühen um strukturelle Einsparungen, so betriebsblind geworden, daß sie selbst bei den sozialen Leistungen und bei Gebühren zulangen möchte, koste es auch den sozialen Kernbereich. Die CDU hingegen setzt auf den Ausverkauf zur Haushaltsanierung und will zugleich den Banken mit der Verschacherung des Grundstücksfonds das größte Schnäppchen der Nachkriegszeit auf den Teller legen. Daß nichts mehr zu sparen da ist, wenn alles verkauft ist, während die strukturell bedingte Schuldenlast Berlins weiter explodiert, interessiert die CDU nicht. Die Stille, in der die Verhandlungen vor sich gehen, ist deshalb symbolisch. Sie markiert den Schrecken einer Koalition, die nichts mehr zusammenhält außer der Macht. Gerd Nowakowski
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