Kommentar: Absage an die Politik
■ Humane Rückkehrchance aufgegeben
Ab heute haben bosnische Flüchtlinge in Bremen eine grausige Wahl. Freiwillig ausreisen in die Heimat, wo sie – sogar nach Gerichtserkenntnis – nachts wahrscheinlich hungrig ins Bett gehen müssen und tags keine Arbeit haben. Oder hierbleiben – um nachts von den Abschiebern aus dem Bett geholt zu werden. Ohne Vorwarnung, ohne ein erklärendes Gespräch mit den Kindern, ohne einen Abschiedsgruß an liebgewonnene, auch deutsche, Freunde in den Flieger zu steigen. So wäre es einer ersten Familie in Bremerhaven um ein Haar gegangen. Dabei stehen noch viel mehr auf der Liste.
Der Bremerhavener Oberbürgermeister Manfred Richter wird wissen, warum er sich beharrlich weigert, den jüngsten, unmenschlichen Vorfall, die versuchte Abschiebung einer bosnischen Flüchtlingsfamilie aus dem Land Bremen – politisch zu kommentieren. Denn alles, was er sagen könnte, wäre ein Offenbarungseid. Bremen hat den Versuch, die Rückkehr von bosnischen Kriegsflüchtlingen human zu gestalten, aufgegeben. Das hat niemand beschlossen. Niemand fühlt sich für den bayerischen Weg im Umgang mit den bosnischen Kriegsflüchtlingen verantwortlich, der in Bremerhaven jetzt erstmals praktiziert wurde. Er wird einfach exekutiert.
Eva Rhode
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