Kommentar: Schuld und Löhne
■ Warum das Jüngste Gericht niemanden mehr ins Fegefeuer bringt
Schön, daß wir über die Lehrstellen-Misere geredet haben. Mal wieder.
Seit Monaten spielen Gewerkschaften und Kammern Ping-Pong mit Schuldzuweisungen. Der DGB bringt jede Neuerung zum Straucheln, klagen die Firmenverbände. Immer auf die Arbeitnehmer, nölen die Gewerkschaften. Klingt verfahren? Ist es auch. Aber das macht nichts.
Denn mit ihrem ständigen Tänzeln um Schuld und Löhne halten beide das wichtige Thema Lehrstellen-Mangel lebendig. Keiner kann es sich leisten, dazu zu schweigen. Also tragen die Kammern jeden Ausbildungsplatz artig in ihre Statistik ein, derweil der DGB eine Umlagefinanzierung oder Firmenverbünde zumindest vorschlägt.
Beide wissen, daß sie einander nicht schaden können, seit die Gewerkschaften Anfang des Jahres das Bündnis für Ausbildung verlassen haben. Seitdem haben sie mit zweifelhaften Innovationen wie dem Acht-Stunden-Berufsschultag nichts mehr zu tun, und die beiden Kammern müssen sich nicht herumschlagen mit DGB-Vorschlägen wie Abgaben für Ausbildungsmuffel. Es darf gestänkert und gefordert werden, Imageverlust oder harte Verhandlungen drohen nicht.
Auch ein Jüngstes Gericht bringt vor diesem Hintergrund niemanden ins Fegefeuer. Beide, Richter und Gerichtete, haben offensichtlich Spaß daran. Man kabbelt sich, aber man tut sich nicht weh. Das sorgt zwar für einen Werbeeffekt, aber nicht für Lehrstellen.
Denn leider fehlt der Gerichtsvollzieher, der das Urteil vollstreckt. Judith Weber
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