■ Kommentar: Auslaufmodell
Eines sollte es nach dem Zweiten Weltkrieg an der Technischen Universität nie wieder geben: den bornierten Techniker, der ohne humanistisches Bewußtsein einer mörderischen Rüstungsmaschinerie zuarbeitet. Die furchtbare Mischung von aggressivem Revanchismus und blinder Technikverherrlichung war kennzeichnend für die ehemalige Technische Hochschule Charlottenburg. Ganz bewußt entschied man sich deshalb, in der neuen TU die Technik mit geisteswissenschaftlichen Fächern zu verknüpfen. Die gesellschaftliche Verantwortung der eigenen Arbeit kritisch zu hinterfragen war eines der Lehrziele. Bis heute müssen deshalb angehende Ingenieure im Hauptstudium auch nichttechnische Fächer belegen. Das in der Bundesrepublik einmalige Modell hat Generationen von kritischen Technikern hervorgebracht, die in vielen Bereichen Beiträge zu einer ökologischen Umsteuerung leisten oder umweltverträgliche Technologien entwickeln.
Damit soll nun Schluß sein. Was konservativen Professoren seit langem ein Dorn im Auge war, wird nun im Zeichen des Sparens gekippt. Werden die Lehramtsstudiengänge beerdigt, dann wird dies nicht nur das Ende der Frauenforschung an der TU bedeuten. Es wird dann auch keine Studienräte mehr geben, die in den traditionell auf die Bedürfnisse der Wirtschaft ausgerichteten Berufsschulen andere Inhalte einbringen.
Der Verweis auf Haushaltslöcher, die einen Abbau auf 85.000 StudentInnen und einen Abbau von Doppelangeboten an den drei Hochschulen erzwingen, trifft nur die halbe Wahrheit. Es geht durchaus anders, zeigt ein Beispiel: Keiner spricht mehr davon, daß an der FU im letzten Jahr der Fachbereich Informatik wegen des gleichen Angebots an der TU geschlossen werden sollte. Damals kippte eine starke Lobby in der CDU den bereits gefaßten Beschluß wieder. Den Geisteswissenschaften an der TU fehlt erkennbar diese kraftvolle Lobby. In den Parteien wie auch an der TU selbst. Gerd Nowakowski
Bericht Seite 22
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