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KommentarMißbrauch ist männlich

■ Die Macht der Männer kann sich immer auf den Rechtsstaat verlassen

Die Rechtsstaatlichkeit hat gesiegt. Im Fall von Annika über die Wahrheit und über den Schutz von Mädchen und Frauen vor Vergewaltigung.

Wenn das Landgericht argumentiert, die Beweislage sei zu dünn, verkennt es eines: Gemessen an üblichen Mißbrauchsfällen war sie sogar selten so dick. Denn für Vergewaltigung in der Familie gibt es nun mal kaum TatzeugInnen, sie passiert abgeschottet hinter der Fassade der familiären Harmonie. Die Vergewaltigung von Kindern bleibt fast immer ein Geheimnis.

Annikas Erlebnisse aber wurden bekannt. Das Mädchen hatte schriftlich detailliert festgehalten, was geschah. Und, was so gut wie nie vorkommt: Das Gericht hat ihr geglaubt.

Doch es fehlen exakte Daten, es fehlen exakte Uhrzeiten. So gedacht ist streng rechtsstaatlich gedacht. Doch so wird niemals ein Täter verurteilt werden können. Welches Kind sollte zehn Minuten nach einer Vergewaltigung auf den Gedanken kommen, sich schnell das Datum zu notieren?

Es ist eine Rechtsstaatlichkeit, die in diesem Fall als Schutzschild einer mit vier Männern und nur einer Frau besetzten Landgerichtskammer herhalten mußte. Einer Kammer, der der Mut fehlte, ein Signal gegen Kindesmißbrauch zu setzen. Denn Mißbrauch ist männlich.

Es ist eine Rechtsstaatlichkeit, wie sie besonders gerne in Prozessen wegen sexuellen Mißbrauchs und Vergewaltigung praktiziert wird. Denn auch die Macht ist männlich. Und wenn Frauen Männer anklagen, können sich die Mächtigen eben immer auf den Rechtsstaat verlassen. Elke Spanner

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