■ Kommentar: Diepgens Kernaufgaben
Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) spricht gern von den staatlichen Kernaufgaben, auf die sich der Senat konzentrieren müsse. Im Klartext bedeutet dies meist Kürzung von Sozialausgaben. Doch erweist sich Diepgens Verständnis von Kernaufgaben in seinem engsten Umfeld, der Senatskanzlei, als ausgesprochen flexibel.
Das Gelände des ehemaligen Britischen Offiziersclubs, wo jetzt der „International Club Berlin“ (ICB) residiert, wird heute noch von der Senatskanzlei verwaltet. Dem ICB, einer noblen Adresse für die Anbahnung allerlei politischer und wirtschaftlicher Verbindungen, gilt die besondere Fürsorge des Regierenden. Welchem anderen privaten Verein wird für Bridge- Abende der nicht existierenden Berliner High-Society oder für das Ausrichten von Empfängen des Bundespräsidenten ein Filetgrundstück für einen spottbilligen Pachtzins überlassen?
Doch hier geht es um Höheres: Die Hauptstadt will den neuen Eliten ein exklusives Ambiente bieten. Da von hier aus Plauderrunden am Kamin die Geschicke der Stadt lenken, meckern nur die ganz Uneinsichtigen, daß dafür auch der Steuerzahler einen kleinen Beitrag leisten muß. Der Öffentlichkeit ist der Zutritt zu dem 15.000 Quadratmeter großen Areal leider versperrt.
Schaden entsteht dem Land Berlin gleich doppelt: Für den skandalös niedrigen Pachtzins ist die Senatskanzlei als Vertragspartner des Clubs verantwortlich. Daß die SPD die Vorzugsbehandlung des Eliteclubs über Jahre mitgetragen hat, ist ein Armutszeugnis für eine Partei, die sich allerorten für die soziale Gerechtigkeit stark macht. Anstatt weiter die Kungelrunden zu subventionieren, sollte die SPD sich entschließen, dem höchst privaten Club nicht weiter fast umsonst ein öffentliches Grundstück zur Verfügung zu stellen. Dorothee Winden
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