■ Kommentar: Eine Etappe ist geschafft
Es ist vollbracht. Nach sieben Jahren zäher Debatten und hinhaltenden Widerstands der Bezirkspolitiker aller Parteien hat das Parlament gestern die Bezirks- und Verwaltungsreform verabschiedet. Dabei war die Rollenverteilung in der Großen Koalition eindeutig. Die SPD trieb das Projekt hartnäckig voran, die CDU versuchte, mit Raffinesse zu hintertreiben. Es bedurfte massiven Drucks, insbesondere der Drohung der SPD, die Koalition platzen zu lassen, um die CDU auf Reformkurs zu bringen.
Und doch ist mit dem gestrigen Beschluß nur die erste Etappe bewältigt. Zum einen müssen bis zur nächsten Parlamentssitzung am 28. Mai noch viele Details beschlossen werden, zum Beispiel, welche Aufgaben von den Senatsverwaltungen in die Bezirke verlagert werden. Nun ist zwar die Grundlage für eine effizientere und schlanke Verwaltung gelegt. Dieses Ziel aber auch zu erreichen, wird es noch eines Kraftaktes bedürfen, der den Beteiligten in den Bezirken einiges abverlangen wird. Auf die Bezirke kommen drei Umwälzungen gleichzeitig zu: das Zusammenwachsen zweier, zum Teil sogar dreier Verwaltungen, zusätzliche Aufgaben und die Fortsetzung der Verwaltungsreform.
SPD und CDU würden die leidige Bezeichnung „Koalition des Stillstands“ mit dem heutigen Erfolg gerne abstreifen. Doch die unüberbrückbaren Differenzen, die die Koalition in vielen Politikfeldern lähmen, lassen sich auch mit diesem Erfolg nicht überdecken. Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, heißt es nicht nur beim Fußball. Zwar ist nach dem gestrigen Abend mit vorzeitigen Neuwahlen kaum mehr zu rechnen, doch am Stil der zähen Koalitionskompromisse wird sich nichts ändern. Auch die schwierigen Beratungen zum Entwurf des Landeshaushalts 1999, zu denen sich der Senat heute in einer Sondersitzung trifft, dürften keine Spur leichter werden. Dorothee Winden
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