Kommentar: Krasses Fehlurteil
■ Resozialisierung findet nicht statt
Der Handel mit Drogen ist kein Kavaliersdelikt. 1996 wurden 4.219 Drogendelikte angezeigt, ein sprunghafter Anstieg von 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das gleiche gilt für die Drogentoten: 1995 starben 47 Menschen in Bremen am Mißbrauch von Drogen. 1996 waren es 61. Es kann also nicht darum gehen, Drogendealern, deren Verbrechen nichts weiter ist, als Mord auf Umwegen, das Wort zu reden. Dennoch: Das Landgericht hat im Fall des 38jährigen Türken ein selten krasses Fehlurteil gefällt. „Die Wirkungen, die von der Strafe für das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft zu erwarten sind, sind zu berücksichtigen“, heißt es im Strafgesetzbuch über die Grundsätze der Strafzumessung. Diese Grundsätze hat das Landgericht im Gegensatz zum Amtsgericht nicht berücksichtigt. Im Gegenteil. Das Gericht hat eine schärfere Strafe verhängt und damit die Resozialisierung des Mannes verbaut. Der Knast hat noch aus keinem Straftäter einen besseren Menschen gemacht. Im Gegenteil. Er funktioniert wie eine Drehtür.
Außerdem sind härte Strafen keine Antwort auf die steigende Drogenkriminalität. Untersuchungen in der Schweiz haben gezeigt, daß durch die kontrollierte Abgabe von Heroin die Rückfallquote von drogenabhängigen Straftätern um bis zu 90 Prozent zurückgeht. Und den übrigen Drogendealern entzieht man durch eine kontrollierte Abgabe die Geschäftsgrundlage. Kerstin Schneider
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