Kommentar: Land statt Frieden
■ Netanjahu läßt Bill Clintons Friedensdiplomatie erneut scheitern
Die Konfrontation zwischen der US-Regierung und Ministerpräsident Netanjahu war unausweichlich. Monatelang hat Israels Ministerpräsident den USA Gründe aufgetischt, die ihn an einem Rückzug aus den besetzten Gebieten hinderten. Zuerst waren es die Selbstmordanschläge der Hamas. Dann der mangelnde Kampf der palästinensischen Autonomiebehörde gegen den Terror. Und jetzt ist es Israels Sicherheit. Doch das Feilschen um Prozente ist so lächerlich wie vorgeschoben.
Die israelische Regierung bietet zwischen neun und elf Prozent an, die USA verlangen 13. Selbst wenn Israel für den zweiten Teilrückzug nur neun Prozent ansetzt, plus zwei für den ersten, der nicht stattgefunden hat, wäre noch ein dritter Teilrückzug fällig. Selbst wenn dieser, wie Netanjahu verlangt, mit einer endgültigen Friedensregelung verknüpft wäre und nur wenige Prozentpunkte betragen würde, wäre Israels Sicherheit nach dieser Logik erneut gefährdet. In Wahrheit soll das Rechenkunststück Netanjahus nur darüber hinwegtäuschen, daß er in seiner rechtsgerichteten Regierung einen weiteren Teilrückzug nicht durchsetzen kann und auch nicht will. Israels „Sicherheit“ muß wieder einmal als Argument dafür herhalten. Es ist das Prinzip, das Netanjahu nicht paßt. Und das heißt Land für Frieden.
Netanjahu hält sich in den USA für populärer als US-Präsident Bill Clinton. Und er glaubt, seine Bataillone seien stärker als die Clintons. Schon mehrfach hat Netanjahu die Muskeln spielen lassen. Er hat den Kongreß gegen Clinton mobilisiert, die religiöse christliche Rechte in den USA hinter sich geschart und die jüdischen Organisationen in den USA instrumentalisiert. Und er hat Versprechen gebrochen, die er Clinton gegeben hat, sei es in der Siedlungspolitik oder in der Frage der Teilrückzüge. Zu Recht hat der US-Präsident darauf verwiesen, daß der jetzige US-Vorschlag auf dem basiert, was im Januar zwischen ihm und Netanjahu persönlich abgesprochen wurde.
Netanjahu entlarvt sich als unglaubwürdiger Verhandlungspartner, als derjenige, der den Frieden nicht will, sondern mehr Land und mehr Siedlungen. So wie die Öffnung des Hasmonäer-Tunnels in Jerusalem blutige Unruhen mit 80 Toten forderte, so sicher führt diese Politik in die blutige Konfrontation. Es scheint, daß nicht einmal die USA das Steuer herumreißen können. Georg Baltissen
Bericht Seite 5
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