piwik no script img

■ KommentarBremse für Lebensqualität

Selten haben Appelle so wenig genützt wie der, doch bitte schön das Auto stehenzulassen, weil die Ozonwerte steigen. Das alltägliche Gefeilsche um Grenzwerte und die Dauerwarnung an die „gefährdete Bevölkerung“ verschleiern nur den Blick darauf, daß hier eine dramatische Verschiebung des Begriffs „Lebensqualität“ stattfindet. Ebenso selbstverständlich, wie man Kinder heute nicht mehr in Flüssen baden läßt oder ihnen das Spielen auf der Straße aus Angst vor einem Unfall verbietet, hat man sich an das Ozon-Ritual gewöhnt: Zu Hause eingesperrt werden die Alten und die Kinder. Freigelassen werden die Autos. Das ist eine gewaltige Entsolidarisierung: Die Schwachen müssen leiden, damit die „Erfolgreichen“ ihren Mobilitätswahn austoben können. Wer die Verkehrswende fordert, um die Städte als Orte des Lebens zurückzugewinnen, muß sich wieder als standortgefährdender Spinner beschimpfen lassen. So zeigt sich die Verachtung der Starken für die Schwachen, die von einer autofixierten Verkehrspolitik flankiert wird. Wenn Klemann, Schmitt und Co. seit Monaten beharrlich die Umsetzung eines Verkehrskonzeptes für die Innenstadt sabotieren, das den Autoverkehr ein wenig einschränken würde, setzen sie nur um, was die ganz große Koalition der Automobilisten akzeptiert: daß eine massive Einschränkung der Lebensqualität durch das Auto eher hingenommen wird als eine Einschränkung des Autoverkehrs. Bernhard Pötter

Bericht Seite 23

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen