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KommentarVon Brüssel lernen

■ EU lehnt die Digital-Fusion von Bertelsmann und Kirch ab - zu Recht

Dieses Kapitel wäre also abgehakt. Daß die Brüsseler EU-Kommission nun endgültig die Pläne von Bertelsmann und Kirch durchkreuzt, die die künftige digitale Medienwelt gemeinsam beherrschen wollten, kann am Ende keinen mehr wundern – nicht einmal die Konzerne selbst.

Die EU-Monopolwächter konnten den deutschen Mediencoup nicht durchgehen lassen. Brüssel hätte damit faktisch auf den Anspruch verzichtet, daß Wettbewerb und Regulierung auch im Digitalzeitalter lohnenswerte Ziele sind. Und eine bemerkenswerte Unverfrorenheit wäre sanktioniert worden. Da hatten die zwei Medienkonzerne mit nebelhaften Erklärungen über Fusionspläne und Genehmigungsanträge die Öffentlichkeit wochenlang an der Nase herumgeführt. Da hatten sie getan, als handele es sich um einen bloßen Verwaltungsakt, den man bald in der Tasche haben würde. Bei deutschen Politikern gingen sie erfolgreich mit dem Ammenmärchen hausieren, wenn man ihnen diese Fusion nicht genehmige, dann würden die Amerikaner den Markt aufrollen. Und während das Verfahren noch lief, hatten sie schon angefangen, ihre Pläne in die Tat umzusetzen. Für all das haben die Konzerne jetzt die Quittung bekommen.

Bitter nötig ist diese Lektion auch für die deutsche Medienpolitik. Denn bislang wurde das rüde Gebaren der Konzeren in Deutschland von Politikern und Medienkontrolleuren auch noch mit Willfährigkeit belohnt. Nun könnte die deutsche Medienpolitik, wenn sie denn wollte, aus der Causa Bertelkirch in Brüssel etwas lernen: daß Regulierung der Innovation im Medienbereich nicht schaden muß, sondern ihr nützen kann. Denn von den Untergangsszenarien, die die Konzerne nun ausbreiten werden, wird sich kein einziges bewahrheiten. Die Digitalisierung kommt – wenn auch langsamer. Und vielleicht wird sie nicht so sehr vom Pay-TV abhängen, wie es sich die Konzerne so schön ausgerechnet hatten. Denn das Potential der neuen Medientechnik liegt weniger darin, daß man attraktive Filme und Fußballspiele ins Bezahl-TV verschiebt, wie Bertelsmann und Kirch uns mit ihren Monopolisierungsplänen weismachen wollten. Sondern in der Vielfalt der Medienangebote, die die Vielzahl der digitalen Kanäle möglich macht. Und selbst Bertelsmann und Kirch könnten trotz des Verbots noch genug am Digital-TV verdienen. Zumal, wenn sie die Lektion aus Brüssel gelernt haben. Lutz Meier Bericht Seite 8

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