■ Kommentar: Profil gewinnen durch Distanz zu Schönbohm
Endlich geht die SPD auf Distanz. Daß es dazu beginnender Wahlkampfzeiten bedarf, ist ebenso ärgerlich wie hochgradig normal. Erst wenn Wahlen vor der Tür stehen, besinnen sich die Parteien darauf, daß die WählerInnen ihnen ihre Stimmen nicht aus lauter Nettigkeit für den Machterhalt schenken. Die WählerInnen wollen Profil sehen. Bei der SPD ein Profil, das von der CDU unterscheidbar ist. Im Bereich der Innenpolitik hatten die SozialdemokratInnen das bisher kaum geleistet.
Als Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit Berlin den Rücken kehrte und ihren Senatssessel für Ehrhart Körting frei machte, da versprachen die SozialdemokratInnen, Körting solle sich als Gegenspieler des populistischen Innensenators profilieren. Peschel-Gutzeit hatte dies nicht im entferntesten angestrebt. Aber auch Körting ließ in dieser Hinsicht bislang zu wünschen übrig – eher noch streute er ähnlich populistische Vorschläge zum repressiveren Umgang mit delinquenten Jugendlichen unters Volk.
Jetzt – nachdem Jörg Schönbohm sich Tag für Tag steigert, als ob er austesten wolle, wieviel Berlin und wieviel auch die SozialdemokratInnen mit sich machen lassen –, jetzt scheinen letztere aufgewacht zu sein. Möglicherweise brauchte es erst die verbale Attacke des Innensenators gegen die Qualifikation und Kompetenz der Bezirksämter, um die SPD aufzustacheln. Wenn der Innensenator nun eine Konzeption über künftige Qualifikationsmerkmale eines Stadtrats, wie etwa ein abgeschlossenes Hochschulstudium, vorlegen will, dann wird das eben auch viele sozialdemokratische Funktionsträger treffen.
Bleibt nur abzuwarten, ob sich die vehemente verbale Distanz auch in realer Politik (gegenüber Nichtdeutschen und in der Inneren Sicherheit) wiederfindet. Dann könnte es auch zu mehr werden als reiner Wahlwerbung. Barbara Junge
Bericht und Interview Seite 26
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