■ Kommentar: Unverantwortlich hilflos
Es ist nicht wirklich erstaunlich, was die Planer aus den Verwaltungen und aus den Umweltverbänden festgestellt haben: Wer nicht will, daß die Innenstadt im Autoverkehr ersäuft, der muß etwas tun. Er muß den Nahverkehr privilegieren und die Autos abschrecken, statt wie bisher genau andersherum zu handeln – und er muß schnell damit anfangen. Doch die Berechnungen für den Stadtentwicklungsplan Verkehr haben einen großen Vorteil: Die Mahnungen von Verkehrsexperten, die seit Jahren in die gleiche Richtung gehen, sind jetzt amtlich bestätigt.
Eigentlich eine komfortable Situation für die Verkehrsverwaltung: Politisch drängt der erklärte Willen des Senats und der Großen Koalition zur Reduzierung des Autoverkehrs, von Expertenseite ist der Weg dahin aufgezeigt. Nun aber zeigt sich, daß die Verwaltung von Senator Klemann und Staatssekretär Schmitt gar nicht daran denkt, diesen Weg mitzugehen. Was zählt, ist die freie Fahrt, wie Klemann immer wieder betont. Da wird dann lieber bei der Frage getrickst, was jetzt eigentlich „Innenstadt“ ist. Von einer Verantwortung gegenüber den BewohnerInnen der City, die unter Lärm und Ruß gesundheitlich leiden, ist bei Klemann und Schmitt ebensowenig zu entdecken wie von einer Idee, wie sich innerstädtische Mobilität außerhalb des „Immer weiter so“ bewegen kann. Ihr sturer Blick durch die Windschutzscheibe läßt sie seit Jahren vor den Anforderungen der Verkehrslawine kapitulieren. Aber in Anbetracht der Auswirkungen ihrer Politik ist das eine selbstverschuldete und unverantwortliche Variante der Hilflosigkeit. Bernhard Pötter
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