■ Kommentar: Es geht um mehr als Geld
Lange hatte die Parteilinke gezögert. Anderthalb Jahre hat die Parteispitze ihre Basis bearbeitet, um den Kurs von Finanzssenatorin Annette Fugmann-Heesing durchzusetzen. Doch dann fand nach einer fast schon routinemäßigen Debatte die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe am Montag abend auf dem SPD-Parteitag eine große Mehrheit. Herausgekommen ist ein Kompromiß, der zeigt, in welch schwieriger Situation die SPD sich befindet. Sie will einerseits die Entstaatlichung voranbringen, doch zugleich ihrer sozialstaatlichen Verpflichtung gerecht werden.
Beschlossen wurde: Das Land behält den Hauptanteil an den Wasserbetrieben, geht aber den Weg der Privatisierung landeseigener Betriebe weiter. Eine Holding für die Aktiengesellschaft wird errichtet, doch die Angestellten bleiben Beschäftigte im öffentlichen Dienst, wechseln also nicht in die freie Wirtschaft. Somit liegt in der Privatisierung der landeseigenen Betriebe durch die SPD-Finanzsenatorin für SozialdemokratInnen geradezu eine Chance. Denn die SPD schwankt zwischen dem Rückzug des lokalen Staates und dem Rückbau öffentlicher Infrastruktur einerseits sowie den traditionell sozialstaatlichen Ansprüchen ihrer Klientel. Das Modell, das nun auch die Zustimmung der Parteilinken gefunden hat, ist daher nicht nur ein Kompromiß zu den Wasserbetrieben. Es ist auch ein Modell, wie die SozialdemokratInnen die Spannungen des inner- wie außerparteilichen Spagats zumindest im Moment aushalten können. Sie sollten diese Chance jetzt nutzen, um endlich ein tragfähiges Konzept für die Vereinbarung der beiden widerstrebenden Ziele zu entwickeln. Barbara Junge
Siehe Seiten 8 und 22
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