■ Kommentar: Rote Laterne für die FU
„Über Strukturen reden“ – das war an den Universitäten lange das Zauberwort der Revolution. Inzwischen haben sich die Rollen vertauscht: Die universitären Entscheidungsträger reden über nichts anderes mehr als über „Strukturen“, und der größte Teil des studentischen Publikums wendet sich mit Grausen ab. Seit das Berliner Hochschulgesetz es den Unis ermöglicht, mit ihren Entscheidungsabläufen zu „experimentieren“, wird über Gremien und Kompetenzen gestritten, als finde sich dort das Ei des Kolumbus für die so dringend benötigte Uni-Reform.
An der Freien Universität hat sich dieses Verfahren jetzt selbst ad absurdum geführt: Am Ende einer monatelangen Debatte steht ein Struktur-Reförmchen. Nur scheinbar lagen die ursprünglichen Pläne des Präsidiums, mehr Kompetenzen an sich zu ziehen, im Trend der Zeit. Doch den FU-Oberen ging es nicht darum, demokratische Mitsprache durch Beschränkung auf wesentliche Streitpunkte zu stärken. Auf Kosten gesellschaftlicher Mitsprache von innen wie außen wollten sie ihre Pfründen sichern. Das aber lehnten die Politiker im Kuratorium und auch die Professoren im Akademischen Senat verständlicherweise ab.
So trägt die FU jetzt, trotz manchen Fortschritts der letzten Jahre, die rote Laterne des Reform-Schlußlichts. An der HU hat sich Präsident Hans Meyer mit mehr Sinn für das politisch wie juristisch Machbare an die Spitze der Reformbewegung gestellt. An der TU versucht der Ökonom Hans-Jürgen Ewers, ein in sich schlüssiges, in seinen Konsequenzen aber problematisches Reformkonzept umzusetzen. Sein Zeitplan aber hat sich nach den FU-Erfahrungen als weise erwiesen: Ewers will zuerst Forschung und Lehre reformieren – und erst später „über Strukturen reden“. Ralph Bollmann Bericht Seite 18
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