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KommentarZynisch und bitter

■ Behörde findet kein Wort des Bedauerns

Eine tragische Geschichte. Zwei Tage bevor ihre Mutter von ihrem Untermieter überfallen und lebensgefährlich verletzt wird, bittet die besorgte Tochter den sozialpsychiatrischen Dienst um Hilfe. Der Sozialarbeiter versichert der Frau, sie bräuchte sich keine Sorgen zu machen. 48 Stunden später schlägt der Mann der 74jährigen Frau den Schädel ein. Ein folgenschwerer Fehler, der hätte vermieden werden können? Vielleicht. Zumindest drängt sich die Frage auf, warum die Klinik den Mann nicht über die Weihnachtsfeiertage in stationärer Behandlung behalten hat. Daß psychische Krisen häufig an Wochenenden und Feiertagen eskalieren, ist hinlänglich bekannt. Auf der anderen Seite hätte kein Arzt den Mann zwingen können zu bleiben. Und daß auch Behörden nicht jeden Menschen sofort wegsperren können, der sich auffällig benimmt, ist eine Errungenschaft der Psychiatriereform. Wer psychisch Kranke nicht ausgrenzen will, muß damit leben, daß es zu folgenschweren Fehleinschätzungen kommen kann.

Sätze, die für die Familie, die sich im Stich gelassen fühlt, zynisch klingen müssen. Immerhin hat dieser Mann ihr Leben zerstört. Der Familie bleibt nur die bittere Erkenntnis, daß erst etwas passieren muß, bevor etwas geschieht. Der Gipfel des Zynismus ist allerdings, daß die Behörde bislang noch nicht einmal ein Wort des Bedauerns für die Familie gefunden hat. Kerstin Schneider

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