Kommentar: Armut ist weiblich
■ Studie fahrlässig geschlechtsneutral
Ja, ist es denn zu glauben. Kurz vor der Jahrtausendwende serviert uns Sozialsenatorin Christine Wischer, die für die SPD obendrein als Frauensenatorin firmiert, eine Studie über Sozialhilfe – ohne Frauen und Männer darin gesondert zu berücksichtigen. Obwohl über die Hälfte der StützebezieherInnen weiblich ist? Obwohl besonders alleinerziehende Mütter immer stärker in die Finanz-Bedrouille geraten, wie es Statistiker landauf, landab feststellen? Natürlich ist die Frage rethorisch – und die Antwort lautet ja.
Bleibt die Frage, wie, um Himmels willen, eine solche „Studie“ heute noch möglich ist? Wie konnten mehrere Jahrzehnte moderner Frauenbewegung und feministischer Rödelei an Senatorin samt Behörde, an eigens eingespannten UnternehmensberaterInnen und beteiligten ExptertInnen anderer Städte so vorbeigehen? Und vor allem: Wie ist das zu vereinbaren mit dem Anspruch der Studie, Material bereitzustellen, anhand dessen bedarfgerecht geholfen und beraten werden kann? Diese Frage wird um so drängender, als Männer beim „Hilfe zur Arbeit“-Programm bereits jetzt schon bevorzugt werden – einem Programm, das künftig ausgeweitet werden soll.
Die Antwort kann nur heißen: So ernst ist das mit dem Helfen und Beraten wohl nicht gemeint. Befürchtungen, daß hinter derartigen Studien in Wahrheit keine echten Hilfe-Intentionen stecken, müssen ernst genommen werden. Eva Rhode
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