Kommentar: Die Tragik des Egbert K.
■ Warum der Abgang des Oberbaudirektors würdevoller hätte ausfallen können
Vielleicht ist es die Tragik älterer Männer. Viele halten sich für so unersetzbar, daß sie den Zeitpunkt verpassen, ihr Amt abzugeben. Dieser Fehler ist auch Egbert Kossak passiert.
Nach 18 Jahren als Oberbaudirektor wäre es – unabhängig vom Lebensalter – eine würdevolle Geste gewesen, zu erklären: „Das war's.“ Der Bürgermeister hätte Worte des Lobes gefunden, die Architekten und Stadtplaner hätten geschluchzt – ob vor Rührung oder Erleichterung, sei dahingestellt –, und alle hätten gejammert, wie schwer es sein werde, einen kompetenten Nachfolger zu finden. Denn daß Kossak, so umstritten er ist, zuweilen fachliche Genialität versprühte, ist zweifelsfrei.
Statt dessen wartete der Oberbaudirektor trotzig und so lange, bis er gestern offiziell zurückgetreten wurde. Dabei wußte er, daß die GAL ihn, gelinde formuliert, nicht sehr schätzt und er deshalb unter einem grünen Senator Maier wenig Aussichten haben würde. Doch gerade dessen diplomatischem Geschick hat Kossak nun zu verdanken, daß er dennoch am Gesichtsverlust vorbeischrammte.
Maiers Begründung, Kossak scheide aus, weil nur eine Amtszeit von neun Jahren Kontinuität und Unabhängigkeit garantiere, kann niemand widersprechen. Die Opposition nicht: Sie müßte sich sonst den Vorwurf gefallen lassen, sie wolle über das Amt des bislang überparteilichen Oberbaudirektors künftig im Wahlkampf entscheiden. Maiers grüne Partei nicht: Sie ist zufrieden, Hauptsache, Kossak ist weg.
Und der Oberbaudirektor selbst auch nicht: War er doch sogar länger im Amt als der ewige Kanzler Kohl. Heike Haarhoff
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