■ Kommentar: Naumann soll's richten
Dem scheidenden Bundeskanzler Kohl war das Tempodrom immer ein Dorn im Auge. Der Radau von Rockkonzerten in unmittelbarer Nachbarschaft des neuen Regierungssitzes gehörte zu den „Unerträglichkeiten“, die der Oggersheimer nicht leiden mochte. Daß für den Umzug, man kann es auch Vertreibung nennen, eine Entschädigung zugesagt worden war, ist nur richtig. Die Summe von rund acht Millionen Mark hingegen wollte das Kanzleramt nicht rausrücken. Vier Millionen und kein Pfennig mehr durften es sein – sonst droht die Räumung. Friß oder stirb, lautet die Devise aus Bonn.
Tempodrom-Chefin Irene Moessinger setzt nun ganz auf den neuen „Kulturminister“ im Schröder-Kabinett, Michael Naumann. Wenn sie sich da nur nicht verkalkuliert. Sowohl Schröder als auch seine Schattenminister haben immer betont, nur das zu finanzieren, was sich ihrer Meinung nach auch rechnet. Zugleich wird auch Naumann abhängig sein von der Haushaltskasse seines Finanziers. Und der hat bereits den großen Kassensturz angedroht, was bekannterweise nie etwas Gutes erwarten läßt. Zudem stellt sich das Land Berlin stur bezüglich der kulturellen Förderung. Keinen Heller mehr, so die Devise.
Was also bleibt? Statt nur auf die Naumann-Karte zu setzen, sollte das Tempodrom den Gang vor den Kadi wagen oder sein Projekt abspecken. Wenn man dem Anwalt Glauben schenken darf, hat Moessinger vor Gericht die besseren Karten. Wird dort positiv für den Standort am Kanzleramt entschieden, könnte das Tempodrom entweder bleiben oder noch ganz andere Summen fordern. Rolf Lautenschläger
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