Kommentar: Niederlage für Böger
■ Seine Chancen für die Spitzenkandidatur sinken
Die schwere Niederlage, die SPD- Fraktionschef Klaus Böger in der Frage der Nachfolge von Arbeitssenatorin Christine Bergmann einstecken mußte, ist selbstverschuldet. Erst nach der Bundestagswahl und damit zu spät hatte sich der Fraktionschef auf die Suche nach einer potentiellen Nachfolgerin gemacht. Zwar war es richtig, eine Persönlichkeit aus dem Ostteil der Stadt zu suchen, weil sonst die Ostberliner im elfköpfigen Senat nur von einer CDU-Senatorin vertreten worden wären. Doch für das berechtigte Anliegen der Frauen zeigte Böger keinerlei Fingerspitzengefühl. Böger wollte auf Nummer Sicher gehen und den medienwirksamen und verwaltungserfahrenen Krüger durchsetzen. Daß der keine Ahnung von Arbeitsmarktpolitik hat, spielte keine Rolle. Die Frauenfrage geriet zum Nebenwiderspruch.
Eine unrühmliche Rolle spielte auch Arbeitssenatorin Bergmann. Krüger war auch ihr Favorit. Ausgerechnet von ihr kam der Vorschlag, das eng mit der Arbeitsverwaltung verzahnte Frauenressort abzutrennen, um den Weg für Krüger freizumachen. Beim Ausloten, ob sein Kandidat innerparteilich akzeptiert wird, hat Bögers politisches Radarsystem völlig versagt.
Bögers miserables Management könnte sich nachteilig auf seine Spitzenkandidatur auswirken. Wie sehr ihm die Schlappe geschadet hat, ist noch schwer abzuschätzen. Bei den SPD-Frauen, aber auch bei den Funktionären hat Böger Punkte verloren, wobei ihm allerdings das Einlenken in letzter Minute zugute gehalten wird. Die 22.000 SPD-Mitglieder, die sich bei einer Urwahl zwischen Walter Momper, Klaus Böger und möglicherweise auch Peter Strieder entscheiden müssen, dürfte die Niederlage in einer Personalfrage weniger beeindrucken. Doch bei der Parteilinken hat Böger durch sein ungeschicktes Agieren viele Sympathien verspielt. Bei einer Wahl zwischen Momper und Böger haben viele Linke bislang eher auf Böger gesetzt – aus dem schlichten Grund, weil sie bei ihm mehr Gehör zu finden hoffen als bei „Monarch Momper“.
Die Nominierung von Gabriele Schöttler ist auch ein Sieg der Frauen. Sie haben in den letzten Wochen hinter den Kulissen und über die Presse massiv Druck gemacht. Der Erhalt der Senatsverwaltung für Frauen und Arbeit ist ein großer Erfolg. Wirklich überzeugend ist das Ergebnis der Personaldebatte allerdings nicht. Auch Schöttler ist keine ausgewiesene Arbeitsmarktexpertin. Sie wird unter hohem Erfolgsdruck stehen. Dorothee Winden
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