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■ KommentarUnter-Untervermieten

Gesetze und Verordnungen lassen kurioserweise immer exakt so viele Hintertürchen offen, wie der Staat zur Durchsetzung seiner Interessen verlangt: Wenn die Abschiebung beschlossene Sache ist, wird das Ausländergesetz so lange gewälzt, bis sich die passende Sonderklausel findet. Wenn der Schwanger-schaftsabbruch rechtswidrig sein soll, läßt sich auch das gerichtlich beweisen. Und falls nicht passen will, was passen soll, wird wie bei Aschenputtel das scharfe Messer angesetzt. Ausnahmen und Sondergenehmigungen lassen sich höchstrichterlich im Nu herbeizaubern.

Nur im Mietrecht soll das plötzlich nicht mehr gelten: Wer eine Wohnung unzulässig als Gewerberaum vermietet und dafür Wucher-Preise kassiert, wird noch lange nicht bestraft: Solange gewitzte Vermieter nachweisen können, daß die Wohnung „überwiegend“ zum Wohnen genutzt wird – 51 Prozent, immerhin! – liegt nach richterlicher Unlogik keine Zweckentfremdung vor. Können sie's nicht, werden schnell mal beide Augen zugedrückt und nach Gesetzes-Interpretationen erst gar nicht gesucht. Die Behörden heulen, daß sie ja nichts tun können, weil ihnen die Hände gebunden sind. Und die fehlenden Mitarbeiter! Niemand will's gewesen sein.

In Wirklichkeit hat die ganze Heuchelei bei der Durchsetzung des geltenden Mieterechts Prinzip: Mit Hauseigentümern verscherzt man es sich nur ungern, denn wer weiß, wann man selbst mal eine Wohnung braucht. Und solange es zahlungswillige Duldköpfe gibt, funktioniert der Kreislauf. Die anderen wohnen mangels Alternative in der soundsovielten Unter-Unter-Untervermietung. Heike Haarhoff

Siehe Bericht Seite 22

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