Kommentar: Wo ein Wille ist
■ Warum das Bleiberecht für die Überlebenden von Lübeck eine Selbstverständlichkeit ist
Es ist bitter, den neuen Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) dafür loben zu müssen, daß er den Überlebenden der Lübecker Brandnacht das Bleiberecht gewährt. Denn eigentlich hätte das eine Selbstverständlichkeit sein müssen.
Daß es keine war, sondern vielmehr politischer Zankapfel, sollte eher Aufsehen erregen als der Umstand, daß die Flüchtlinge nun ihre Zukunft in Deutschland planen können. Denn es zeigt, daß ein humanitärer Umgang mit Flüchtlingen nicht alltäglich, sondern eben eine Frage des „politischen Willens“ ist, wie Lübecks Bürgermeister Bouteiller ganz richtig bemerkt.
Diesen Willen hatte man Schily gar nicht mehr zugetraut, hatte er doch kurz nach seiner Amtsübernahme über ein mit Ausländern übersättigtes Deutschland lamentiert. Hoffentlich vergessen Bouteiller und Wienholtz vor lauter Jubilieren nicht, daß sie selbst in einem rot-grün regierten Bundesland leben und deshalb ebenfalls zu „politischen Signalen“ berufen sind.
Das gilt auch für Hamburg. In Fragen der AusländerInnenpolitik ist seit dem Regierungswechsel noch kein einziger positiver Beschluß zu vermelden. Hier streitet man sogar darüber, ob eine Ausländerbeauftragte dafür Geld bekommen darf, daß sie sich um die vielbeschworene „Integration“ bemüht.
Die Chance, es seinen ParteikollegInnen in Bonn gleichzutun, hat Hamburgs Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) schon heute. Da wird er sich im Rathaus zur AusländerInnenpolitik äußern – und sich, ermutigt durch Bonn, zu Signalen hinreißen lassen? Elke Spanner
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