Kommentar: Fugmann-Heesing gestärkt
■ Momper stützt ihren Privatisierungskurs
Erleichtert und zufrieden zeigt sich die SPD-Parteibasis über das Erscheinungsbild ihrer neuen Führungsspitze. Aus den Fehlern der Urwahl von 1995 hat die Partei gelernt: Diesmal soll schnell Einigkeit herrschen, die Führung geht mit gutem Beispiel voran.
Vier Modernisierer bestimmen nun den Kurs der Hauptstadt- SPD: Walter Momper, Klaus Böger, Annette Fugmann-Heesing und Peter Strieder. Doch was Mompers Rolle betrifft, werden sich einige Genossen noch wundern. Viele haben bei der Urwahl für Momper gestimmt, weil sie hofften, daß er den Privatisierungskurs der Finanzsenatorin bremst. Doch das Gegenteil dürfte der Fall sein. Momper hat während der Urwahl keinen Zweifel daran gelassen, daß er Fugmann-Heesings Privatisierungskurs unterstützt. Die Finanzsenatorin hat er schon seit langem in den höchsten Tönen gelobt. Bislang jedoch wurden ihre weitergehenden Vorstellungen beim Verkauf der Wasserbetriebe und weiterer Wohnungsbaugesellschaften von Parteitagsbeschlüssen geknebelt. Wenn diese Fragen demnächst wieder auf die Tagesordnung kommen, darf Mompers Agieren mit Spannung erwartet werden.
Fugmann-Heesing ist es in den letzten drei Jahren zwar gelungen, einen großen Teil der Funktionäre von ihrem Kurs zu überzeugen, doch die Parteibasis verharrt nach wie vor in Skepsis und Ablehnung. Mompers Popularität an der Basis könnte diese Kluft schließen. Wenn es ihm gelänge, die Basis für den Modernisierungskurs der SPD zu gewinnen, wäre dies ein Quantensprung für die Partei. Der Spitzenkandidat könnte sich bei dieser heiklen Aufgabe aber auch die Finger verbrennen.
Noch aus einem anderen Grund ist Fugmann-Heesing neben dem künftigen Parteichef Peter Strieder die eigentliche Urwahlgewinnerin. Ihre Berufung in das Führungsquartett erweckt den Eindruck, als baue die SPD für den Fall der Fälle vor. Wenn es am Wahltag wider Erwarten nicht für Rot-Grün reichen sollte und Walter Momper für eine Fortsetzung der Großen Koalition nicht zur Verfügung steht, braucht die SPD eine Führungsfigur im Senat. Fugmann- Heesing könnte diese Rolle glaubhaft ausfüllen. Dorothee Winden
Bericht Seite 22
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen