Kommentar: Wen es angeht
■ Warum die Demonstration in Stade keinen Akzeptanzwandel einleitet
Das war nur der Anfang. Die Demonstration für den Schrottmeiler in Stade dürfte lediglich der Auftakt einer Reihe ähnlicher Protestveranstaltungen gewesen sein, die demnächst an allen AKW-Standorten zu erwarten sind, solange in Bonn Ausstiegsgespräche geführt werden.
Mit Akzeptanzwandel jedoch hat das wenig zu tun. Die Stader demonstrierten nicht für die Atomkraft aus Überzeugung, sondern um des Erhalts ihrer Arbeitsplätze willen. Das ist ein legitimes Interesse von Beschäftigten, nicht aber eine neue Dimension der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit der Atomkraft – hat doch schon so manche drohende Betriebsschließung die Arbeitnehmer auf die Straße getrieben.
Auch daß der SPD-Bürgermeister mitmarschiert, ist weniger überraschend denn karrieretechnisch durchdacht: Mitanzusehen, wie die Nachbarn um ihre Jobs bangen, fördert Mitleid und Patriotismus. Zumal der Bürgermeister wiedergewählt werden will.
Verwunderlich aber ist die Empörung, mit der AKW-Beschäftigte und Lokalpolitiker behaupten, der Atomausstieg komme so unvorhergesehen wie eine Heuschreckenplage über sie. Die Energieversorgung einer nichtatomaren Zukunft hätte längst durchdacht werden können – auch in Stade. Doch als dort der Chemiegigant Dow Chemical unlängst ein hochmodernes Gas- und Dampfturbinenkraftwerk aufbauen wollte, machten die AKW-Betreiber die ökologisch wertvollen Pläne mit Dumping-Atomstrompreisen zunichte. Und die Politiker schwiegen dazu.
Heike Haarhoff
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