Kommentar: Die Basis hat gewählt
■ Was fehlt: eine Wahlkampf-Idee
Karoline Linnert heißt die ungekrönte Königin der grünen Parteibasis. Niemand bekam so viele Stimmen wie sie. Das ist die überraschende Nachricht von der grünen Mitgliederversammlung am Wochenende. Die Mitglieder, so muß man das interpretieren, sehen sich durch die zurückhaltend taktierenden Politiker weniger repräsentiert als durch eine scharf und durchaus auch emotional argumentierende, demonstrativ ehrliche Frau. Was nicht bedeutet, daß die machtbewußten Taktiker verachtet würden. Mit Helmut Zachau auf Platz zwei hat die Mitgliederversammlung ein zweites deutliches Zeichen gesetzt, das der Landesvorstand so nicht antizipiert hatte. Bei der Wahl am 6. Juni entscheidet aber nicht die Mitglieder-Basis. Während intern vielleicht eine Rolle spielt, ob die eine Kandidatin das Argument der Jugend für sich in Anspruch nahm, und der andere Kandidat sich als Experte für Minderheiten empfahl – im Wahlkampf müssen die Grünen die vor Selbstgewißheit nur so strotzende große Koalition herausfordern. Die Arbeit der grünen Oppositionsfraktion ist noch kein Fundament für eine Wahlkampfidee und die Bonner Rolle der Grünen eine zusätzliche Belastung. Die gewählten KandidatInnen stehen vor der schwierigen Aufgabe, auf der Grundlage einer unbefriedigenden Vorarbeit und aus der krümeligen Klötzchenkiste des Wahlprogramms eine griffige Alternative zu zaubern. Klaus Wolschner
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