Kommentar: Betrug! Betrug?
■ Die CDU will's endlich wissen
Eine schöne Posse: Die Sozialbehörde überprüft 21.000 Sozialhilfeempfänger. Rund 8.000 Fälle werden in mühevoller Kleinarbeit nachgecheckt. Der Aufwand ist enorn und rechnet sich nicht. Am Ende bleiben 99 verdächtigte Sozialhilfeempfänger übrig. Ein irrwitziges Ergebnis. Die Kosten des „automatisierten Datenabgleiches“ sind um ein Vielfaches höher als das, was die Betrugsverdächtigen jetzt zurückzahlen müssen.
Und die Arbeitgeber, die diese Sozialhilfeempfänger beschäftigt haben, kommen ungeschoren davon. Der Finanzsenator winkt ab. Er will die sorgfältig ermittelten Daten nicht haben. „Nach intensiver Überprüfung...bin ich leider zu dem Ergebnis gekommen, daß die Finanzverwaltung derzeit keine Möglichkeit hat, gegen Arbeitgeber,... vorzugehen“, schreibt Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) an Sozialsenatorin Tine Wischer (SPD).
Dabei war es doch die CDU, die es ganz genau wissen wollte. Und warum wollte sie es wissen? Weil Wahlkampf ist, natürlich. Am 6. Juni wird gewählt. Mit Arbeitgebern, die es nicht so genau nehmen, lassen sich keine Schlagzeilen machen. Kavaliersdelikt. Aber wenn die Schlagzeile „Sozialhilfebetrug“ heißt, kocht des Volkes Seele. Damit läßt sich Stimmung machen, genau wie mit einer Unterschriftensammlung gegen doppelte Staatsbürger.
Kerstin Schneider
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