Kommentar: Die Stadt und der Müll
■ Strieder gibt Dreckspatzen keine Chance
Alte Gummireifen, Badewannen, Kühlschränke, verrostete Autos, der aus dem Fenster geflogene Fernseher — kaum etwas fehlt auf der illegalen Entsorgungsliste, die unsere Straßen zur „wilden Müllkippe“ hat werden lassen. Daß Saubermann Peter Strieder mit dem Prinzip „unsere Stadt soll schöner werden“ schon lange in Aktion war, ist kein Geheimnis. Wir erinnern uns: Die Sprayer standen auf seiner schwarzen Liste. Doch nun sind Abfallferkel, Raucher, Bananenesser (schwingt da nicht Ostkritik mit?), Zeitungsleser und Biertrinker dran — die soll es gnadenlos treffen. Und damit nicht genug: Heute will Strieder die neue Hundehalterverordnung präsentieren (das kostet Wähler).
Wo immer Strieders Umweltpolizisten in der Stadt Umweltsünder aufspüren, soll mit einem Müll- Bußgeldkatalog gestraft werden, der es in sich hat. Für die alten Reifen 2.000 Mark, die Badewanne kostet 200 und der Fernseher ist 400 Mark wert. Die Urban-Design-Correctness des sauberen Senators geht sogar soweit, rausgeworfene Kippen oder Bierdosen zu ahnden. Wir empfehlen ihm deshalb besonders bei Heimspielen von Hertha BSC seine Greifer einzusetzen. Da rollt dann der Rubel.
Doch Strieder hat wie so oft (siehe oben) die gute Sache nicht zu Ende gedacht. Statt nur dem gemeinen Volk mit dem Stadtputzstrafbefehl zu kommen, hätte sich der Senator auch der „neuen Mitte“ unserer Gesellschaft annehmen müssen. Denn das sind die wahren Ferkel.
Gegen leerstehende Wohnungen etwa macht sich der einstige Baustadtrat Kreuzbergs wenig rührig. Seine Masterplaner hat er neue Straßen quer über den Stadtgrundriß zeichnen lassen — wohl in der Hoffnung dort würde geradelt. Und beim Solarprogramm zur Energieeinsparung stellt er zwar Gelder zur Verfügung, die Ökobilanz der Bauherren hingegen reglementiert er nicht.
Was bleibt, ist eine Aktion für die Umwelt, die wenig fruchten wird. Ist eine Bananenschale wirklich schmutzig? Illegale Entsorger wandern ins brandenburgische Umland. Der eigentliche Dreck kommt kaum weg. Und nach dem ersten Pitbullbiß in das Bein einer Umweltstreife sehen wir weiter. Rolf Lautenschläger Seite 20
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