Kommentar: An den Rand gequetscht
■ Warum sich die Verkehrspolitik der Zukunft am Fußgänger orientieren muß
Es ist schon bitter: Ausgerechnet unter denjenigen, die andere am wenigsten gefährden, waren im vergangenen Jahr die meisten Verkehrstoten zu beklagen. 22 FußgängerInnen sind 1998 auf Hamburgs Straßen ums Leben gekommen, gegenüber 13 Auto-Insassen. Um nicht mißverstanden zu werden: JedeR Verkehrstote ist eineR zuviel. Aber dafür, daß da Leute sterben mußten, die nichts anderes taten, als sich auf natürliche Weise in ihrer Alltagsumgebung zu bewegen, verdienen die Opfer unter den Fußgängern besondere Beachtung.
In der Verkehrspolitik dagegen kommen sie nur am Rande vor. Die Innenbehörde quetscht Fußgänger und Radler zusammen auf viel zu enge Gehsteige und produziert damit Scheinkonflikte. Der echte Konflikt jedoch ist dort, wo Autos ins Spiel kommen. Sie produzieren Lärm, Gestank und können töten. Senator Wrocklage hat deshalb recht, wenn er die Geschwindigkeit stärker kontrollieren lassen will und sich für Null Promille am Steuer ausspricht.
Andererseits muß aber die Stadt den AutofahrerInnen entgegenkommen, indem sie es ihnen noch leichter und angenehmer macht, Busse und Bahnen zu benutzen. Auch wer sonst nie U-Bahn fährt, muß zum Beispiel sofort durchschauen können, welches Ticket ihn/sie am günstigsten zu welchem Ziel bringt. Und er muß zum zu Fuß gehen verführt werden, ganz im Sinne des grünen Stadtentwicklungssenators Willfried Maier, der das Ideal der gewachsenen europäischen Stadt propagiert, deren Charme darin besteht, daß sie zu Fuß erst richtig zu genießen ist.
Gernot Knödler
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