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KommentarMehr als schöne Worte

■ Deeskalation muß politisch gewollt sein

Knüppelschwingende Rambos wie im schlechten Film, Journalisten verprügelnde Polizisten und ein Bezirk im polizeilichen Ausnahmezustand – die Quittung für eine jahrelange Einschwörung der hauptstädtischen PolizistInnen auf die Parole „Schlagstock frei am 1. Mai“ ließ auch in diesem Jahr nicht auf sich warten. Die Realität am 1. Mai auf den Straßen Kreuzbergs hatte mit der angekündigten Deeskalation trotz der anderslautenden Beteuerungen der Polizeispitze nur wenig zu tun.

Schuldzuweisungen bestimmten deshalb gestern die Szene. Die Schuld an den doch wieder zu konstatierenden Straßenschlachten seitens der Polizei jetzt allein bei einem harten Kern krawallwütiger DemonstrantInnen oder allenfalls bei einzelnen Beamten zu suchen und auf die vorherige Ankündigung einer Deeskalation zu verweisen, das greift nach den innenpolitischen Debatten der jüngeren Vergangenheit jedoch zu kurz.

Deeskalation ist in der Tat eine sehr simple Angelegeheit: Die Polizei richtet ihr Augenmerk auf die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das heißt: Vernunft statt starker Männer. Bürgerrechte und Sicherheit, nicht Sicherheit statt Bürgerrechten.

Podiumsdiskussionen mit BürgerInnen im Vorfeld, Aufklärungsmobile auf den Straßen der Stadt und Gesprächsbeamte am Rande der Demonstrationen – das allein macht Deeskalation nicht aus. Der grundsätzliche politische Wille gehört dazu. Ein politischer Wille, der den Beamten, die den Schlagstock führen oder dessen Einsatz anordnen, eindrücklich nahegebracht wird.

Die innenpolitische Botschaft der jüngeren Vergangenheit jedoch lautet ganz anders: Unter der Ägide des letzten Innensenators Jörg Schönbohm konnten sich in Berlin die Kräfte durchsetzen, die den Abschied von der Deeskalation offen vertraten. Was Schönbohm verbalradikal propagierte, wurde dann in polizeiliche Konzepte, Praxis und Schulung umgesetzt. Und erst jüngst hat nun auch noch die Große Koalition pünktlich vor dem 1. Mai innenpolitische Fakten gesetzt und die Bürgerrechte zugunsten der Inneren Sicherheit eingeschränkt. Mit dem politischen Konzept der Deeskalation hat all dies herzlich wenig zu tun. Barbara Junge

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