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KommentarEin Ritual, nicht mehr, nicht weniger

■ Das Bündnis für Arbeit legt ein Papier vor

Es ist ein bißchen wie bei einer Striptease-Show mit ungewissem Ausgang. Werden Hüllen fallen oder vielleicht doch nicht? fragt sich das Publikum. Fällt das Tabu, über Lohnpolitik zu sprechen? Wird endlich Konkretes sichtbar? Das ist die zentrale Frage an das „Bündnis für Arbeit“, jedesmal aufs neue – nur, daß der öffentliche Druck, endlich Aktion zu zeigen, dieses Mal besonders groß war.

Es passiert nichts, nichts, nichts! hatten die Zeitungskommentatoren schon zwei Tage vor den Bündnisgesprächen genörgelt. Diesen Besserwissern haben es die Gesprächsteilnehmer jetzt gezeigt: Arbeitgeber- , Gewerkschaftsvertreter und Minister einigten sich bei den Gesprächen zu einem „Bündnis für Arbeit“ am Dienstag abend auf ein Papier, das von Bild sogleich als „Durchbruch im Kanzlerbungalow“ gefeiert wurde. Die Schau kam an. Das ist schon was.

„Durchbruch“ heißt, daß bei der Elefantenrunde einiges vereinbart wurde, was früher wohl auch ohne Bündnistamtam zustande gekommen wäre. Die Arbeitgeber wiederholten ihre Zusage, 10.000 zusätzliche Lehrstellen zu schaffen, u. a. in der Informations- und Kommunikationsbranche. Dazu sollen möglichst schnell neue Berufsbilder in diesen Branchen entstehen. Die Bündnis-Teilnehmer unterstützten ferner, daß es kleinere Betriebe künftig wieder leichter haben sollen, ältere Mitarbeiter in den subventionierten vorzeitigen Ruhestand zu schicken. Vor allem aber rangen sich die Gewerkschaften das Zugeständnis ab, künftig über Grundsätze der Tarifpolitik zu reden – am Lohntabu wurde immerhin ein bißchen genestelt. Daß dies als „Durchbruch“ gewertet wurde, zeigt, wie gierig das Publikum auf jede noch so kleine Bewegung ist.

Die von vielen Fernsehkameras begleitete Runde zu einem „Bündnis für Arbeit“ ist eine symbolische Aktion. Das macht die Treffen nicht besser, aber auch nicht schlechter. Die Frage: Was kommt dabei heraus? griffe deshalb zu kurz, auch diesmal. Die Bündnisrunde ist ein Ritual. Ein Ritual, das eine Verbindung herstellen soll zwischen denen da oben, den Verbandsvertretern und Politikern, und uns da unten. Schröder, Schulte, Hundt & Co. haben es auch diesmal wieder geschafft, sich dabei nicht lächerlich zu machen. „Wir gehen ran!“ lautet die Botschaft. Mehr ist nicht drin. Barbara Dribbusch

Bericht Seite 7

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