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KommentarKern oder Zahl

■ Warum den HEW die Ausreden ausgehen, um nicht aus der Atomkraft auszusteigen

Den Herren der Kerne und der Zahlen stehen harte Zeiten bevor. Jahrelang haben sie fast unbehelligt erstere gespalten und letztere geheimgehalten. Die Bastion der Atom-Fans im HEW-Zentralkomitee in der City Nord schien uneinnehmbar.

Mit dem Gutachten über die wirtschaftlichen Vorteile moderner Gas- und Dampfturbinenkraftwerke gegenüber Atomreaktoren liegt nun erstmals eine Argumentation auf dem Tisch, die nicht so leicht von selbigem zu wischen ist. Ihr Wert wird dadurch noch gesteigert, daß der sechstgrößte europäische Energiekonzerns Vattenfall sich an die Umsetzung macht. Weniger aus ökologischen, sondern schlicht aus ökonomischen Gründen.

Die Behauptung pekuniärer Nachteile durch den Atomausstieg war bislang die Standardfloskel der HEW. Denn das Aktienrecht schreibt Gewinnstreben bindend vor; ein politisch verordneter Abschied vom Atomstaat wäre deshalb mit milliardenschwerem Schadensersatz für den Verlust gewohnt stattlicher Dividenden zu ahnden. Diese bequeme Ausrede droht nun zu entfallen.

Denn Aktionäre könnten ihrerseits den HEW-Vorstand wegen nicht realisierter Gewinne verklagen, sollte er eine lukrative Alternative zur Atomkraft nicht wahrnehmen. Bis zum Hearing der Umweltbehörde im Herbst müssen die HEW ihre sorgsam gehüteten Zahlen offenbaren. Mit dem erheblichen Restrisiko, danach das Kernespalten unterlassen zu müssen.

Im Falle der Zuwiderhandlung wäre Schadensersatz fällig. Statt Dividende.

Sven-Michael Veit

Berichte Seite 18

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