Kommentar: Bruchlandung
■ Hauptstadt-Airport muss neu ausgeschrieben werden
Wieder einmal hat in Deutschland ein Gericht über die große Politik entschieden. Das Ausschreibungsverfahren zum Bau des Großflughafens Berlin Brandenburg International (BBI) in Schönefeld muss von vorne beginnen, so der Entschluss des Brandenburger Oberlandesgerichts gestern. Was als Projekt für den Aufschwung der gesamten Hauptstadtregion gestartet war, endet also vorerst als eine der größten Bruchlandungen der Nachwendegeschichte.
Überraschen mochte das gestrige Unteil allerdings niemand. Als Anfang Juli bekannt wurde, dass eine Firma, die an der Ausschreibung für die Privatisierung des Flughafens beteiligt war, zugleich unter Vertrag beim siegreichen Essener Hochtief-Konzern gestanden hatte, war das Sechs-Milliarden-Projekt schon deutlich ins Trudeln geraten. Dazu kam, dass gegen die Entscheidung für das Essener Konsortium eben jene Klage der unterlegenen Firmengruppe IVG wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht sowie technischer Mängel bei der Planung anhängig war, der das Brandenburger Gericht gestern stattgab.
Dass solche Probleme nicht vor der Entscheidung für das Essener Konsortium ausgeräumt wurden, ist ein Beleg für die Provinzialität der politisch Verantwortlichen. Sowohl für die Große Koalition in Berlin als auch die SPD-Regierung in Potsdam könnte das Fiasko – zumal angesichts bevorstehender Landtagswahlen – nicht größer sein.
Weitaus größere Folgen könnten die mit einer Neuausschreibung verbundenen Verzögerungen des Flughafens aber für die ohnehin gebeutelte Wirtschaft der Region Berlin-Brandenburg haben. Für die Regierungen in beiden Bundesländern galt der geplante Großflughafen mit seiner Kapazität von bis zu 45 Millionen Fluggästen jährlich als der wesentliche Katalysator für den wirtschaftlichen Anschluss der Hauptstadtregion an den europäischen Standard. Sollte der Airport allerdings erst 2010 oder 2015 fertiggestellt werden, wäre Berlin endgültig abgehängt. Dann werden auch 20 Jahre nach der Einheit die einzigen Kontinentalflüge der Hauptstadt nach Ulan Bator oder Pjöngjang starten. Das dürfte dann selbst den Umweltschützern und Grünen nicht ganz egal sein – zumal ein weiterer Ausbau Tegels sowie das Festhalten am Flughafen Tempelhof dann nicht mehr zu vermeiden wäre. Uwe Rada
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