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KommentarHeugel contra Diepgen

■ Von Köln lernen heißt siegen lernen

Schröder? Eichel? Naumann? Alles schon probiert, hat alles nicht geklappt. Auch die Bundesprominenz konnte die Berliner SPD nicht aus ihrem Stimmungstief reißen.

Jetzt hilft nur noch: Zeitunglesen. Der Name des Retters stand gestern auf allen Titelseiten. Er kommt aus Köln, heißt Klaus Heugel und hat in dieser Woche gezeigt, dass auch ein kurzfristiger Rückzug des Spitzenkandidaten befreiend wirken kann.

„Wenn man auch mal mit dem Rücken an der Wand steht, da kämpft es sich ganz gut“, tröstete Kanzler Schröder gestern die Kölner Genossen: „Man kann nicht ausweichen.“ Wärmende Worte des Parteivorsitzenden, wie sie auch manch Berliner Sozialdemokrat gerne hören würde.

Die Frage ist nur: Wie soll man's anstellen? Wegen erwiesener Unfähigkeit musste schließlich noch nie ein Politiker das Handtuch werfen. Ein gewichtiger Skandal müsste schon her, ein kleines Skandälchen würde nicht genügen – das zeigt die Erfahrung: Schließlich blieb Mompers Versuch erfolglos, sich per Putzfrauen-Outing frühzeitig der Kandidatenbürde zu entledigen. Das allerdings müsste die SPD schon selbst besorgen. Aus gutem Grund haben die konkurrierenden Parteien bislang darauf verzichtet, die Vergangenheit des Kandidaten in der skandalträchtigen Baubranche zu durchleuchten: Sie hätten sich ihres Wunschgegners entledigt. Für die Genossen dürfte es hingegen ein Leichtes sein, bei den Potsdamer Parteifreunden Näheres über Mompers Aktivitäten im Brandenburgischen zu erfahren.

Natürlich hat kein Spitzengenosse die Courage, sich als Ersatzmann selbst in einer wenig aussichtsreichen Kampagne aufzureiben. Also muss der Wähler die Sache ausbaden – und der SPD einen Gefallen tun, indem er seine Stimme der Partei verweigert. Nur ein schlechtes Ergebnis erfüllt die Hoffnung vieler Genossen, Momper möge von der Bühne abtreten.

Dabei stünde die Berliner SPD im Falle einer Kölner Lösung nicht einmal ohne Kandidaten da. Denn am 10. Oktober werden nur die Abgeordneten gewählt. Der Bürgermeister selbst muss dem Parlament nicht einmal angehören. Wie wäre es mit Klaus Heugel?

Ralph Bollmann

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