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KommentarUnrecht bleibt Unrecht

■ Das Bernstein-Mosaik gehört Rußland

Selten geht es so entspannt und locker im Gerichtssaal zu wie gestern, als ein gerichtsbekannter Anwalt und Notar auf der Anklagebank saß. Darf man einem 62 Jahre renommierten Notar unterstellen, dass er die Unwahrheit sagt? Die Geschichte, die aus dem von einem Landser geraubten Mosaik ein rechtlich einwandfreies Erbstück eines Bremers macht, klingt wie für einen Film erfunden. Es dürfte aber schwierig sein, die Version der Verteidigung zweifelsfrei zu widerlegen.

Die Strafrichter stehen jedoch unter erheblichem Druck. Die Tochter des verstorbenen Rentners hat schon angekündigt, sie werde als Erbin ihren Anspruch auf das von der Kripo beschlagnahmte Bernsteinzimmer-Mosaik geltend machen, sobald festgestellt ist, dass ihr Vater es rechtmäßig „ersessen“ hat. Das würde die Bundesregierung in erhebliche außenpolitische Schwierigkeiten bringen. Nicht das nur, weil Deutschland sich seinerseits bemüht, Russland zur Herausgabe von Beutekunst zu bewegen. Deutschland muss nach geltendem Völkerrecht die Kriegsbeute zurückgeben. Ein „Ersitzen“ gibt es nicht im Völkerrecht, die Beweislage gegen den Bremer Notar interessiert in Moskau niemanden.

Und das zu Recht. Der eigentliche Skandal ist, dass man in Deutschland Weltkriegsbeute zu Eigentum „ersitzen“ kann, wenn man sich besonders dumm stellt. Klaus Wolschner

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