■ Kommentar: OSZE objektiv Bericht über Verbrechen von Serben und Albanern im Kosovo
Die Verbrechen, die während des Krieges im Kosovo begangen wurden, werden zu den am besten dokumentierten Taten der Geschichte gehören. Denn viele Organisationen kümmern sich um die Aufklärung der Tatbestände – nun die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Deren Bericht zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Organisation nur auf jene Informationen verlässt, die durch ihre eigenen Experten zusammengetragen wurden. Er zeigt folglich nur einen Ausschnitt, ist jedoch aufgrund der zugrunde liegenden Systematik und des langen Beobachtungszeitraums ein Dokument von großem Gewicht. Mit seinem Mut zur Lücke und seiner Objektivität wirkt er der Bildung von Mythen entgegen.
Bestätigt wird, dass die serbische Seite gegenüber der albanischen Bevölkerung systematisch Gewalt ausgeübt hat: Deren Vertreibung war seit langem durchgeführt worden. Der Bericht weist aber auch nach, dass die Gewalt serbischer Sicherheitskräfte und Paramilitärs gegenüber den Albanern während der Zeit der Nato-Angriffe kulminierte. Keineswegs relativiert die OSZE die Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Minderheiten nach der Rückkehr der Albaner. Er zeigt auch auf, dass es sich bei den Übergriffen der albanischen Seite auf Serben und Roma um Racheakte handelt, nicht aber um eine systematische Politik. Dies hat Bernard Kouchner, der Administrator der Vereinten Nationen im Kosovo, in seinem Vorwort betont.
Die seit einigen Wochen zu beobachtende Beruhigung der Lage lässt Hoffnungen aufkeimen, dass diese Art der Gewalt in absehbarer Zeit ein Ende findet und alle jene Mitglieder der Minderheiten wieder in ihre Heimat zurückkehren können, die es wollen. Die Relationen der Gewaltausübung beider Seiten sind mit dem Bericht zurechtgerückt worden. Sicherlich, der Tod von rund 180 Serben seit dem Einmarsch der Nato ist nicht zu entschuldigen. Auch nicht der Rassismus, der sich in der albanischen Bevölkerung gegenüber dem Volk der Roma zeigt. Die Gewalt albanischer Gangs und Krimineller richtet sich aber nicht nur gegen die Minderheiten, sondern auch gegen die Albaner selbst. Die Sicherheit aller Menschen im Kosovo kann nur durch den beschleunigten Aufbau einer effektiven Polizei gewährleistet werden. Erich Rathfelder
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