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KommentarFröhliches Rennen

Am 1. Januar 2000 rennen sie also wieder. Die Veranstalter hoffen auf eine große Anzahl Läufer, schließlich geht’s um einen guten Zweck. Unicef sammelt für Kinderhilfsprojekte in Partnerstädten. Berlin übrigens war in diesem Jahr auch Unicef-Partnerschaftsstadt. Gewusst? Doch für Berlin braucht man nicht zu sammeln, denkt der Durchschnittsbürger jetzt wahrscheinlich, hier gibt es ja keine Kinder, die in Not wären. Wirklich nicht? Und was ist mit denen, die Sie bei der letzten Einkaufstour um eine Mark angebettelt haben? Aha, also doch. Da kommt er doch grad gelegen, der Marathon, der unter dem Motto „Hauptstadt für Kinder“ läuft.

Schade nur, dass das gesammelte Geld nicht den Kindern in Berlin zugute kommen soll, sondern denen im Kosovo, in der Ukraine, in Brasilien und Kambodscha. Was soll denn dieses nette Motto „Hauptstadt für Kinder“? Schließlich gäbe es da gerade auch in der Straßenkinderproblematik noch einiges zu tun, was ich aus eigener Erfahrung sagen kann. Und auch in anderen Bereichen der Kinder- und Jugendarbeit muss noch einiges nachgeholt werden. Doch leider wird gerade in sozialen Einrichtungen immer mehr an finanziellen Mitteln gekürzt, sodass „uns“ Hilfe wie zum Beispiel von der Unicef nicht ungelegen käme. Das Berliner Unicef-Jahr endet am 2. Februar 2000, für uns Straßenkinder allerdings blieb (merkwürdigerweise) so gut wie gar nichts an (finanzieller) Hilfe übrig. War das etwa alles nur ’ne Alibiübung? „Ach, du fröhliches Rennen . . .“ Toblerone (18), Schweizerin, lebte ein halbes Jahr in Berlin auf der Straße. Seit August hat sie eine Wohnung und macht ein freiwilliges ökologisches Jahr.

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