Kommentar: Absurd korrekt
■ Warum ein soziales Stadtteilprojekt kein Finanzamt ist und sein kann
Schlecht ist, wenn ein Eisverkäufer seinen Laden zumachen muss, weil es nebenan öffentlich gefördertes Schokoladeneis gibt. Schlecht ist aber auch, wenn sich Behörden, die Menschen helfen sollen, hinter Bürokratie verschanzen.
Es gibt in Steilshoop kein Speiselokal, das von der Pleite bedroht ist, weil „Das Café“ existiert. Aber es gibt Frauen, denen das Projekt eine Chance gibt, die sie sonst nicht hätten. Fast die Hälfte von ihnen findet hinterher einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz. Und Steilshooper, die sich Restaurantbesuche sonst nicht leisten könnten, können mal andere für sich kochen lassen und dabei noch miteinander reden.
Dass es in einer solchen Konstellation nicht immer so bürokratisch überkorrekt zugehen mag wie in einem Finanzamt, liegt auf der Hand. Hier wären genau die Flexibilität und der Pragmatismus gefragt, welche das moderne Arbeitsamt so gerne für sich reklamiert.
Dass ein unbestritten erfolgreiches Stadtteilsozial-Projekt wie „Das Café“ schließen soll, weil das Arbeitsamt sich nicht die Mühe macht, Entscheidungen zu revidieren, obwohl nicht mehr stimmt, worauf sie sich begründen, ist absurd.
Mag sein, dass das arbeitsmarktpolitische Instrument der ABM im gedachten Sinne nicht praktikabel ist. Denn natürlich ist es schwierig, unter so realen Bedingungen wie möglich zu arbeiten, dabei aber keinem Betrieb Konkurrenz zu machen.
Das zu ändern ist aber eine politische Aufgabe und kein Fall für ein Exempel auf dem Rücken der Betroffenen.
Sandra Wilsdorf
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