Kommentar: Solarstrom billiger ■ Grüner Erfolg musste mit Zugeständnissen erkauft werden
Morgen wird der Bundestag das Gesetz zur Förderung umweltfreundlich hergestellten Stroms verabschieden; dies markiert den größten Erfolg grüner Energiepolitik seit der Bundestagswahl 1998. Ab April werden unter anderem Wind- und Solarkraftwerke großzügige Zuschüsse erhalten, die die höheren Produktionskosten für umweltfreundlichen Strom ausgleichen. Dadurch wird Ökostrom konkurrenzfähig, und die Hersteller von ökologischen Kraftwerken werden sich vor Aufträgen kaum retten können.
Dass sich die Grünen an diesem Punkt durchgesetzt haben, verweist aber auf all die anderen Reformprojekte, bei denen sie den Kürzeren zogen. Viel blieb auf der Strecke, weil der kleinere Koalitionspartner am Widerstand des SPD-dominierten Kabinetts und der großen Energiekonzerne scheiterte. So sinnvoll die Förderung für Ökostrom auch ist – letztlich stellte sie einen Ausgleich dar für eine Niederlage, die die Grünen zuvor verschmerzen mussten.
So wollte die Umweltpartei eigentlich die Steuerbefreiung für hoch effektive Gaskraftwerke durchsetzen, um das Primat der Stromerzeugung mit Kohle und Öl zu durchbrechen, das die Konzerne von RWE über die Veba bis zum Bayernwerk aufrechterhalten wollen. Die Energieriesen klemmten sich hinter den nordrhein-westfälischen SPD-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement, worauf die Grünen schließlich klein beigeben mussten. Um sie nicht ganz dumm dastehen zu lassen, gestand ihnen der Koalitionspartner die Solarförderung zu. Das neue Gesetz ist gut, aber es wurde teuer erkauft.
Ähnlich sieht es bei anderen energiepolitischen Themen aus: Auch bei der Ökosteuer und beim Atomausstieg sind die Grünen groß gestartet, mussten sich schließlich aber mit wenig zufriedengeben. Die mageren Ergebnisse der grünen Energiepolitik zeigen, wie schwer es ist, eine neue Politik gegen das bestehende wirtschaftliche Machtkartell zu organisieren. Neuer ökonomischer Einfluss in Gestalt von Firmen, die sich von grüner Politik Vorteile erhoffen, wächst nur langsam. Das Gesetz zur Förderung des umweltfreundlichen Stroms ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung, denn die aufstrebende Ökobranche wird auch die Durchsetzungskraft der Grünen erhöhen.
Hannes Koch
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