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KommentarDie Steigbügelhalter

■ Warum Regierende heucheln und Oppositionelle ebenfalls

Na klar hat die CDU Recht. Regierungen bunkern gern ihr Herrschaftswissen, sie flunkern auch schon mal, wenn ein dahergelaufener Volksvertreter Auskünfte begehrt, sie weichen aus und gelegentlich antworten sie so spärlich und ausgewählt, dass der Eindruck entsteht, sie würden lügen. Was sie denn auch tun. Der rot-grüne Hamburger Senat macht da keine Ausnahme, und jede CDU-Regierung würde es genauso handhaben.

Zwar ist es richtig, dass dieser Missstand kritisiert wird, doch der prinzipielle Befund ist ebenso zutreffend wie oberflächlich. SenatorInnen sind – von Ausnahmen abgesehen – nicht von sich aus selbstherrlich und mit einem ausgeprägten Hang zur Herablassung gegenüber der Bürgerschaft ausgestattet. Das Parlament selbst ermöglicht die Arroganz der Macht.

Denn VolksvertreterInnen, deren Parteifreunde sich minis-terieller Würden erfreuen, pflegen dem – irrigen und durchaus dem Geist der Verfassung widersprechenden – Selbstverständnis zu unterliegen, sie hätten Kumpane der Herrschenden zu sein. Und wer sich als Steigbügelhalter begreift, darf sich nicht beschweren, wenn er als Subalterner behandelt wird.

Der Regenbogen liefert fast täglich den aktuellen Beweis, dass nur als Kontrolleur der Regierung sich versteht, wer auf den harten Oppositionsbänken sitzen muss. Munter mosert die Fünfer-Gruppe über Vorgänge, die sie verteidigte, als sie noch Regierungs-Grün und schwer an der Verantwortung trug.

Ist weder aufrichtiger noch weniger heuchlerisch als das rot-grüne Koalitions(un)wesen.

Sven-Michael Veit

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