Kommentar: Wer sagts denn
■ Warum die Kandidatur der Antje Radcke wegweisend für die GAL ist
Sie zucken doch noch. Die Kandidatur von Antje Radcke als GAL-Chefin ist ein politisch kluger Schachzug der Linken. Er weckt die in Selbstgefälligkeit erstarrte Realo-Mehrheit unsanft, denn er zwingt sie unvermutet zur Nagelprobe. Sie muss jetzt eine Mitglieder und Wähler gleichermaßen überzeugende Antwort auf die Frage formulieren, welche Partei sie denn haben wollen.
Mit Radcke kehrt ein politisches Schwergewicht auf die Hamburger Bühne zurück, das ernst genommen werden muss. Ihre hohe Integrationsfähigkeit hat die linke Pädagogin bereits in ihrer ersten Amtszeit an der GAL-Spitze bewiesen, zusammen mit Krista Sager war sie für den erfolgreichsten Wahlkampf in der Geschichte der GAL verantwortlich. Aufrichtigen Res-pekt konnten ihr selbst die hartleibigsten Realos nicht versagen.
Dass Radcke jüngst auf Bundesebene von Joschka Fischer kaltgestellt wurde, hat sie keineswegs beschädigt, im Gegenteil: Für die Linke in der GAL ist die Rückkehr der Antje R. als Führungsfigur das lange ver-misste Signal zum Aufbruch.
Entscheiden muss sich nun vor allem Oberreala Krista Sager, die jeder persönlichen und politischen Nähe zu Radcke vollkommen unverdächtig ist. Ein Absägen ihrer ungeliebten Rivalin würde die grüne Rest-Linke endgültig verprellen und dem Regenbogen in die Hände spielen. Am pragmatischen Konsens mit der Parteilinken, die sich jetzt unüberhörbar wieder zu Wort gemeldet hat, geht kein Weg vorbei.
Sager wird es sagen müssen.
Sven-Michael Veit
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