Kommentar: Meinungsmache
■ Warum die FDP wieder in aller Munde ist – obwohl sie gar nichts dafür kann
Vor Jahresfrist schickte die Hamburger FDP per Fax eine dürre Presseerklärung, in der sie ihre unmaßgebliche Meinung zum Haushalt 2000 kundtat. In allen Redaktionen wurde die Erklärung schnell in Ablage P wie Papierkorb entsorgt. Ein Jahr später lauschen fast 30 Journa-listInnen dem, was FDP-Vormann Rudolf Lange zum Etat 2001 sagt. Zur selben Zeit präsentiert der im Parlament vertretene Regenbogen seine Haushaltsideen vor einer Handvoll gelangweilter Presseleute.
So funktioniert Meinung und manchmal auch Politik. Da wird eine demoskopische Wasserstandsmeldung über die Springer-Presse und den NDR abgesetzt, die die FDP bei fünf Prozent sieht, und schon steht eine Partei, die sich jahrelang unbeachtet in Ruhe internen Schlammschlachten widmen konnte, im Rampenlicht, wird hofiert. Gleichzeitig verliert man jegliches Interesse am Regenbogen, da der laut Umfrage nur bei einem Prozent liegt – wobei zumindest unklar ist, wie dieser Wert zustande gekommen ist.
Es geht nicht darum, ob die Vorschläge des Regenbogen besser durchgerechnet sind als die der Liberalen oder ob deren Ideen origineller sind. Und es geht erst recht nicht um Sachpolitik. Es geht darum, dass eine Partei seit Jahren mehr Parkplätze fordert, dass dies keinen Menschen interessiert, und dann kommt ein Faxenmacher Möllemann daher, eine Umfrage bereitet den Weg. Plötzlich giert alle Welt zu erfahren, dass die FDP für mehr Parkplätze ist.
Am Ende haben wir nach der Wahl liberale Senatoren. Dann solle keiner sagen, er habe von nichts gewusst. Peter Ahrens
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