Kommentar: Braver Ungehorsam
■ Warum der Aufruf grüner Kreise zum Castor-Protest nur normal sein müsste
Die Basis ist nicht artig. Obwohl der grüne Bundesvorstand die Kreisverbände mit sanftem Druck, der offiziell als Empfehlung daher kommt, vom Protestieren gegen den Castor abhalten will, wagen es doch tatsächlich die GALierInnen in Nord und Harburg, dem die Stirn zu bieten und zur Fahrt ins Wendland aufzurufen. Ein Anflug von Parteirebellion? Nein, eigentlich eine Selbstverständlichkeit.
Nicht der Aufruf zum Protest müsste das Aufmerkenswerte sein, sondern das Gegenteil. Wenn Kreisverbände, besonders im vom Atommeilern umzingelten Hamburg, in vorauseilendem Gehorsam die interne Atomdebatte einstellen würden, ihre Mitglieder für Ende März lieber einen Skiurlaub buchten und den Castor, wenn auch mit nostalgischer Wehmut im Gemüt, Castor sein ließen.
Schon traurig genug, dass man inzwischen stutzt, wenn GALische Pressemitteilungen auf den Tisch kommen, die zum Anti-Castor-Transport aufrufen. Schließlich sind es die beiden Themen Atom und Kriegseinsätze, die für die grüne Partei seit Anbeginn Herzensangelegenheiten waren. Und für viele Mitglieder auch heute noch sind. Trotz Kosovo, trotz des so genannten Atomkonsenses, trotz Fischer zum Irak, trotz und so weiter. Und trotz der Tatsache, dass die Regierungspartei Bündnis 90/Die Grünen und die wendländische Anti-Atombewegung außer ihren Wurzeln nicht mehr viel gemein haben.
Ein Appell von oben vom Bundesvorstand, und alle stehen stramm – wenn es so laufen würde, könnte die grüne Partei sich gleich einen Stich ins Olive verpassen. Peter Ahrens
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