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KommentarSelbstbetrug

■ Warum Hamburgs Grüne ihre jüngste Vergangenheit nicht bewältigen wollen

Die grün-alternative Gereiztheit wird chronisch. Der Frieden in der GAL, im Dezember nach der Zweitwahl des Landesvorstands allerseits ausgerufen, ist noch brüchiger als befürchtet. Gerade mal drei Monate nach offizieller Beilegung der Feindseligkeiten fangen die Scharmützel wieder an. Und es reicht ein Funken, um die hinter den Kulissen schwelenden Konfliktherde neu zu entfachen.

Über das Buch von Antje Radcke mag es geteilte Ansichten geben, obwohl es kaum jemand bislang gelesen hat. Auch über den Stil der Vorab-Veröffentlichung mag streiten, wer will. Dazu aber braucht es den Vorsatz, jeden Vorwand für eine fröhliche Fetzerei zu nutzen. Dessen Vorhandensein aber ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die GAL ihre jüngste Vergangenheit nicht bewältigt hat.

Und es auch nicht will. Seit gut drei Jahren werden Hamburgs Grüne deshalb mit unschöner Schicksalhaftigkeit und in regelmäßigen Abständen mit dem Problem konfrontiert, was denn eine Regierungspartei sei, solle und wollen dürfe. Und seit fast zwei Jahren kommt die Frage hinzu, wie sie es mit ihrer linken Rest-Minderheit hält. Antworten darauf hat die GAL nicht gefunden, sie hat auch nie danach gesucht.

Es gebe keine Flügel mehr und somit keine gleichnamigen Kämpfe, lautete die Schutzbehauptung, die niemand je glaubte. Ein Selbstbetrug, der beim geringsten Anlass auffliegt.

Radckes Buch kann geflissentlich ignorieren, wer souverän ist. Die anderen bestätigen lediglich dessen Untertitel: „Das Dilemma der Grünen“.

Sven-Michael Veit

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